Der ein oder andere wird es mitbekommen haben... die Prinzessin hat in der RCN ein neues Zuhause gefunden und fährt wieder. Daher gibt es ab und an auch mal wieder etwas zu lesen.
Viel Spaß!
Peter
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Willkommen Zuhause, Prinzessin!
Die jüngeren unter uns mögen sich erinnern. Es gab mal ein Auto, dass ab und zu am Ring gefahren ist, dass Pink und Lila war. Und einen merkwürdig unkämpferischen Kampfnamen hatte. Und zu diesem Auto gab es ab und an mal eine Geschichte zu lesen. Solange jedenfalls, bis es keine mehr zu erzählen gab.
Und nun gibt es sie wieder. Diese Geschichten. Weil es einen Grund dafür gibt. Prinzessin Lillifee ist zurück. Zurück am Ring. Wir fahren wieder. Wir? Wir. Lilli, Thomas und ich. Nicht mehr in der VLN, sondern in der RCN. Und am Samstag war unsere Test- und Einstellfahrt. Deswegen gibt es ein Paar Worte zu lesen. Aber der Reihe nach...
Zuerst wüsste ich immernoch gern welcher Panzer Samstag Nacht wohl über meine Halsmuskeln gefahren ist. Aua. Da war es wieder. Dieses besondere Gefühl am Anfang jeder Motorsport Saison mit dem Dir Dein Körper am Tag danach signalisiert „werd' endlich erwachsen und lass den Quatsch, dafür wurde ich nicht konstruiert“. Würde man ja, eventuell jedenfalls, wenn da nicht die ganzen glücklichmachenden Nebeneffekte wären.
Im Oktober 2009 war meine vorerst letzte Fahrt mit Lillifee bei einem VLN Rennen. Danach war ich einmal zu einem Trackday am Ring, habe aber festgestellt, dass es nicht dasselbe ist. Wettbewerb ist etwas anderes. Ein Rennwagen, selbst wenn es „nur“ ein VLN Serienwagen ist, ist einfach etwas anderes als jedes Serienauto. Egal wie gut das Serienauto ist. Der Trackday war gut, aber der wirkliche Spaß war nicht da. Dieses blödsinnige Grinsen hat gefehlt, dass sich einstellt, wenn man einen Tag lang am Limit rumgeturnt ist. Dabei ist es egal, ob es das wirkliche, physikalische Limit ist oder das eigene, persönliche. Mir jedenfalls.
Und Samstag Abend habe ich wieder gegrinst. Eigentlich schon seit Freitag.
Freitag sind meine Frau und ich angekommen. Wir sind zuerst zum Team gefahren um ein Paar Aufkleber ab- und ein Paar neue draufzuknubbeln, auf Lilli. Und um ein wenig Technik zu verbauen und zu testen. Ein neuer Laptimer, die Handy-Kommunikation wieder zum Leben erwecken und Kameras verbasteln um später bewegte Bilder von unseren Runden zu haben.
Oh Mann! Drei bis vier Jahre alte Aufkleber von einem Auto zu bekommen ist kein Spaß! Derweil hat die Chefin Lilli von innen ein wenig entrümpelt. Spinnweben entfernt, den Staub der Geschichte ein wenig gewischt und dafür gesorgt, dass helle Fahreranzüge nicht direkt beim Erstkontakt eine gräulich-schwarze Farbe annehmen. Irgendwann, ich hatte zu dem Zeitpunkt entnervt beschlossen, dass auf ein Rennauto nunmal Aufkleber gehören und Brandblasen an zarten Fahrerfingerchen außerdem unpraktisch sind, und hatte mich stattdessen auf den qualifizierten Einbau von High-Tech Gerät konzentriert, bimmelt das Apfel-Fon. Thomas Götschl, mein neuer Teamkollege ist dran und verkündet seine Ankunft in der Eifel. Ein Blick auf die Uhr... Schade. Keine Zeit für weitere Entklebungen. Bedauerlich! Die Papierabnahme ruft.
Und so sind wir zuerst ins Hotel, damit die Herren sich noch ein wenig frischmachen konnten und dann zur Papierabnahme in den „Devils Diner“ an der Touristen-Einfahrt. Auerha. Schlange, aber was für eine. Anstehen ist angesagt. Und dabei waren wir relativ pünktlich. Aber mal ehrlich... es macht Spaß. Es macht einfach Spaß wieder in einem Raum zu stehen mit lauter Menschen die sich darauf freuen, völlig sinnlos und möglichst schnell, von A nach A zu fahren. Es ist irgendwie besonders. So bewegten wir uns ratschend und feixend in der Schlange vorwärts bis wir irgendwann an dem Tresen der Begierde angekommen waren. Ha! Ab diesem Zeitpunkt ward es offiziös! Wir waren wieder offizieller Teil der verschworenen Gemeinschaft derer, die sinnlos fossile Brennstoffe vernichten. Noch flux draussen im Zelt weiteres Klebematerial gefasst und dem Team via SMS die Abnahme-Bereitschaft signalisiert. 155. Unsere Dauerstartnummer 2012. Nach der Entklebe-Odysee des Vormittags ein durchaus cleverer Schachzug. Nur jeweils eine Fünf abknubbeln und unauffällig durch eine Eins ersetzen. Gut... die Eins war etwas größer als die vorhandenen Fünfen, aber das hat niemand bemerkt.

Derweil helle Aufregung im Team. Tja... hier unterbreche ich kurz das Lächeln, dass mir dieser Tag ins Gesicht gezaubert hat. Ich zeichne kurz ein Bild vor dem geistigen Auge des geneigten Lesers. Touristeneinfahrt Nordschleife. Chaos auf dem Parkplatz dort und völlige Überfüllung. Trotzdem sollen ein Paar Sattelzüge rein. Die, die nicht Sättel ziehen, laden gegenüber, auf dem Schotterparkplatz ab. Der ist Nürburgring Gelände, der Touri-Parkplatz ist es. Der Kreisel dazwischen offenbar blöderweise nicht. Also werden die Autos geschoben. Teams die mehrere Autos haben, „schieben“ unter Zuhilfenahme der in den Fahrzeuge verbauten Motoren. Solange jedenfalls, bis eifrige Ordnungshüter dem skandalösen, staatsgefährdenden und wahrscheinlich lebensgefährlichen Tun ein Ende setzen und Anzeigen verteilen. Wegen aller möglichen Kapitalverbrechen. Unter anderem erwischt es auch unser Team. Mal ehrlich, liebe Vertreter der Exekutive... hattet Ihr Langeweile? Bekommt Ihr jetzt den goldenen Sheriffsstern am Bande? Oder könnte es möglicherweise und natürlich nur rein theoretisch sein, dass die Nummer einfach mal völlig überflüssig war? Rennfahrzeuge in Schrittgeschwindigkeit, die keine 10 Meter im öffentlichen Verkehrsraum bewegt werden. Ganz ehrlich? Ich finde es zum $%#&!! Und darüber hinaus überaus peinlich für eine Region, die dem Motorsport das ein oder andere zu verdanken hat. Willkommen in der Eifel. Schade, dass Ihr nicht noch an der Anfahrt zum Schwedenkreuz ein Paar Tempo 30 Schilder und die dazugehörende Radarfalle installieren könnt. Ein Paar Meter weiter wurden Millionen an Steuergeldern in eine Art treibsandiges, schwarzes Loch gesetzt bzw. haben sich in völlig sinnlosen Beton verwandelt und dabei wurde ganz nebenbei noch die ein oder andere Million „umverteilt“. Macht aber nichts, alles ist gut, greint nicht, Ihr Recken des Rechts. Hauptsache das schändliche Treiben der Schwerverbrechern im motorsportlichen Gewande konnte beendet werden! Glückwunsch! Falls Ihr Euch wundert, liebe Polizisten, warum Euch immer weniger steuerzahlende Bürger noch ernst nehmen können... ich tue es nicht. Entschuldigung, aber das musste raus. Sonst wäre ich daran erstickt!
So also gelangt Lilli unter großer Gefahr durch geldgierige Piraten in die Schlange vor der technischen Abnahme. Flugs noch ein Paar Zahlen ab- und die richtigen wieder drangebappt und wir sind bereit uns dem gestrengen, prüfenden Auge der Commisarios zu stellen. Natürlich besteht Madame la Princesse mit Bravour! Erwartungsgemäß sei anzumerken. Schliesslich wurde sie von wackeren Mannen über zwei Jahre auf diese Aufgabe vorbereitet. Also parken, Schlüssel abziehen und Lenkrad mitnehmen. Lenkrad mitnehmen? Klar. Man stelle sich den Dieb vor, der so ein Rennauto klauen will. Er mag Schlüssel dabeihaben. Zangen um Kabel zu trennen und zu verbinden. Aber hat er auch ein Lenkrad dabei? Wenn nicht, wird er es schwer haben! Feierabend! Besser gesagt: Essen! Thomas und ich haben Hunger und Thomas hat vorsorglich für uns einen Tisch in der Pistenklause reserviert. Die fernmündlich informierte Chefin beschliesst, dass wir ohne sie speisen sollen.
Wir wählen natürlich ausgewogene Sportlernahrung. Auf heissem Stein selbst zubereitet. Im Laufe des Essens wird der ein oder andere Schwank geteilt und wir beide lachen viel. Wir haben irgendwie denselben Sinn für Humor. Nicht ganz unwichtig, da wir uns ja zum Spaß in der Eifel aufhalten. Ein Paar Geschichten später wird es dann Zeit für's Rennhotel und das dort befindliche Bettchen.
Ich war ein Paar mal wach in der Nacht. Vorfreudig, nichts schlimmes. Das hat sich nach der Dusche am Morgen dann irgendwie geändert. Ich werde nervös. Und damit unleidlich. Eigentlich nicht meine Art. Aber ich bin lange, zu lange nicht mehr richtig Nordschleife gefahren und vor der Strecke habe ich Respekt. Großen Respekt!
Während Vettel, Schumacher und Co via des im Frühstücksraum laufenden Fernsehers und auf der anderen Seite der Erdkugel, Q 1-4 spielen, quäle ich mir ein Minimalfrühstück hinein. Damit ich nicht missverstanden werde. Das Frühstück war gut. Es gab alles, was das Herz begehrt. Mir war einfach nicht danach. Also Aufbruch.
Wir hatten... na ja... eigentlich hatte ich... am Abend vorher beschlossen, dass Thomas zuerst fährt. Ich hasse es einfach als erster unterwegs zu sein. Thomas hat sich freundlicherweise geopfert. Fahrerbesprechung, ab zum Auto und ich schalte die Technik scharf. Zumindest habe ich gedacht, dass ich das tue. Irgendwie begleitet mich die Tücke des Objekts durch jeden meiner Einsätze am Ring. Warum auch immer. Aber ganz ehrlich... solange das Auto blasenfrei läuft, kann ich mit Anekdoten rund um irgendwelche Nebenkriegsschauplätze gut leben. Dieses Mal waren es die Bewegbildmaschinen, die den Dienst verweigert haben. Richtig, Plural. Gleich zwei auf einmal. Die eine hat beschlossen ihren Akku binnen 24 Stunden zu entladen und hat anschliessend den Dienst verweigert, die andere wurde... na ja... nennen wir es mal „unglücklich montiert“. Die braucht ein GPS Signal um loszulegen. Ihr erinnert Euch an den Physikunterricht aus der Schule? Faradayscher Käfig? Genau. Nur hat unserer noch ein Paar Rohre mehr. Käfig im Käfig. Offenbar eine prima Abschirmung. Kurz und gut... nix Film. Dafür aber zum ersten Mal Datenaufzeichnung im Rennauto. Und ja, die hat funktioniert.
So rollt Thomas raus auf die Strecke und Lilli ist offiziell zurück am Ring. Langsam legt sich meine Nervosität, besser gesagt wandelt sie sich in Konzentration. Ich gehe die ganzen Schlüsselstellen im Geist durch, fange selbst an zu fahren. Thomas kommt kurz rein, lässt den Luftdruck anpassen und geht wieder raus. Es scheint alles ok, bis auf eine Merkwürdigkeit der Bremse. Er berichtet von einem überempfindlichen ABS System. Wie geht das? Ganz einfach. Auf der Rennstrecke, gerade auf der Nordschleife kann ein ABS System zum Feind werden. Jedenfalls die „alten“ ABS Systeme der ersten und zweiten Generation. Deren Repertoire beschränkt sich mehr oder weniger auf „bremst“ oder „bremst nicht“. Aktuelle Systeme sind viel komplexer und regeln viel, viel schneller als das System unserer treuen Prinzessin. Wenn die meint, dass ein Rad steht, dann öffnet sie eben ein Regelventil und aus dem vernichten hart erarbeiteter Geschwindigkeit wird wieder Vortrieb. Blöderweise dann meist in Momenten in dem man sich negative und nicht positive Beschleunigung wünscht. Hmmm. Houston: Haben wir möglicherweise ein Problem? Irgendwann kommt Thomas grinsend rein. Ich stülpe mir meinen Kopfschutz über und gleite elfengleich ins Cockpit. Wohlan Prinzessin, lasset uns jagen gehen!

Die erste Runde lasse ich ganz gemütlich angehen. Blos keine Hektik! Erstaunlich, ich treffe tatsächlich ein Paar Mal die Linie. In Runde Zwei weiss ich dann, was Thomas am ABS missfallen hat. Über's Schwedenkreuz, durch die Links, anbremsen Aremberg und kaum bin ich auf der Bremse, macht das ABS auf. Meine Augen dürften in dem Moment die Größe eines durchschnittlichen, deutschen Kuchentellers gehabt haben. Der Kies bewegt sich ziemlich zügig in meine Richtung und meine Bremse meint, bremsen sei für Feiglinge. Ein überaus bedauerlicher Interessenkonflikt bahnt sich an. Bis meine Instinkte greifen. Bremse kurz auf und wieder voll drauf. Es bremst. Puh! Nein, die Linie war nicht mehr ganz ideal, aber es war mir Wurst. Allemal besser als mit Eimerchen und Schäufelchen im Kies zu spielen!
Meine ersten beiden Turns waren eher Murks denn fahren, danach wurde es von Runde zu Runde besser. Immer runder und flüssiger. Die Linie war wieder da. Aber auch meine Hassecken. Allen voran die Rechts- / Links-Kombi Eingangs Schwalbenschwanz... ich glaube, ich kann noch 200 Jahre Nordschleife fahren und werde die Kombination nie richtig erwischen. Ich habe am Ausgang der Links in jeder Runde dieses „und wieder zu langsam“ Gefühl.

Ich konnte einige Runden fast ohne Verkehr fahren, hatte aber auch die Gelegenheit mich an den e90 aus unserer Klasse zu versuchen. Na ja... ansatzweise. Sobald es bergauf geht, sind die Dinger weg. Da kann man machen was man will. Thomas war einen Tick schneller, aber es hat mich nicht wirklich gestört. Ich habe in jeder Runde etwas anderes in einer anderen Kurve probiert. Und es gab auch Unfallstellen die zum Teil ewig den Fluss eingebremst haben. Der Porsche in der Anfahrt zur hohen Acht muss dort 6-7 Runden lang gestanden haben. Und die Unfallstelle hat man maximal mit zügiger Schrittgeschwindigkeit passiert.

Zwischen den Turns gab es immer wieder Besuch. Erik Kindermann vom MSFB hat uns bei der Zeitnahme unterstützt. Und das, obwohl ich tatsächlich vergessen hatte dem Team zu sagen, dass sie den zweiten Sitz und den Gurt einbauen sollten, weil ich Erik eigentlich noch eine Mitfahrt versprochen hatte. Entschuldige, Erik! Ich habe alte Bekannte und Freunde getroffen, viel geredet und gelacht. Und irgendwann waren wir „satt“. Genau so fühlt es sich an. Man ist glücklich, entspannt, es war gut und reicht. Und die Jungs waren ganz froh schonmal ein Auto aufladen zu können.
Thomas und ich haben uns dann noch kurz zum ersten Rennen abgestimmt, bevor wir uns dann verabschiedet haben und unabhängig voneinander Richtung der jeweiligen Heimat aufgebrochen sind. Ich habe auf der ganzen Rückfahrt glücklich gegrinst. Und noch den halben Sonntag. Aber trotzdem wüsste ich zu gerne, wer den Panzer gefahren hat! Ich bin jedenfalls wieder Zuhause. So hat es sich angefühlt. Ich freue mich auf die RCN Saison und sage allen RCN Organisatoren, Helfern, Teams und Fahrern die ich kennenlernen durfte „Danke für die freundliche Aufnahme“ und freue mich einfach wie Bolle auf unseren Saisonauftakt am 21.04. Ich habe zwar immer noch keine Ahnung wie Sollzeit geht, aber ich werd's lernen! Bis dann!
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Die Fotos sind ©: Marcel Dück (http://dueck.marcel-caron.de), Marcus Becker (http://www.ringfotos.eu), Jochen Merkle (http://www.racepicture.de) und Heinz J. Hilger (http://www.hil-speed.de). Einen herzlichen Dank den Fotografen!